Lässt du etwa Gott und deine Koffer hier?

Endlich geschafft! Fix und fertig mit der Schule, einer beendeten Beziehung, orientierungslos, beschloss ich nach der Schule, für ein Jahr mit einer christlichen Missionsgesellschaft (OM) nach Nepal zu gehen. Es war eine sehr prägende Zeit, weil ich Gott und mich ganz neu erleben durfte. Bislang hatte ich alle Herausforderungen und Kämpfe irgendwie alleine gemeistert, doch damit war jetzt Schluss. Den grundlegenden Fragen wie: Wie geht es dir? Wie geht es dir wirklich? Wer bist du und was willst du wirklich? Hast du Hunger nach Gott und spürst du die Sehnsucht, oder bist du voll mit anderen Dingen und Wünschen? All diesen Fragen könnte ich aus dem Weg gehen, oder hineingehen um mich dem Ganzen zu stellen. Das ehrlich zu beantworten schmerzte und startete einen Prozess. Wie gut, dass ich da nicht alleine durchgehen musste.

Ohne Gemeinschaft im Zimmer, das Team und Rechenschaftspartner wäre dieser Weg nicht möglich gewesenund hätte zu Kompromissen und einem Weglaufen geführt. Es ging nicht allein und gleichzeitig nicht ohne Alleinsein. Jüngerschaft ist, den Weg der Liebe zu gehen. Sie findet immer in Beziehung statt.

Dieses Setting durfte ich mit 15 internationalen Jungs in einem Haus in Nepal erleben. 

Wir durften uns gegenseitig Mut zusprechen, im Glauben tragen und stärken. Nach Spannungen und Auseinandersetzungen die Kraft der Vergebung und Versöhnung erleben. Wir wussten alle, dass wir die komfortable Zone verlassen und ALL IN gehen müssen, wenn wir entschieden auf den Ruf von Jesus „Komm folge mir nach“ antworten. 

Wir durften in den abgelegensten Bergdörfern vielen Menschen von Jesus erzählen. Abendteuer und Gefahren gingen Hand in Hand. Auch Wunder und Bewahrung begleiteten uns. Dann wurde es Zeit, zurück nach Deutschland zu gehen. Die Koffer zu packen. Doch ich wollte nicht. Warum? Weil ich Angst hatte, Gott zuhause nicht so zu erleben. 

So ging ich zu meinem Leiter und bat ihn noch länger in Nepal bleiben zu können. Seine Antwort deckte alles auf: „Lässt du etwa Gott und deine Koffer hier?“ 

Mir wurde sofort klar, dass es wieder Zeit war für die nächsten Schritte, in denen ich vertrauen und reifen würde. Also packte ich meine Koffer und landete wieder in Deutschland. Vor mir lag eine Zeit, in der ich reiste und Jugendliche ermutigte „All in“ mit Gott zu gehen. Er ist da, real und spricht in unser Leben. Was Gott in mir begonnen hatte, ist weitergegangen. Ich durfte mich immer wieder an den Hunger und die Sehnsucht nach ihm erinnern. Diese besondere Zeit in Nepal hat mich auf den Geschmack kommen lassen. Deshalb denke ich, dass eine intensive Zeit mit Gott für Jugendliche sehr wertvoll ist, um Jüngerschaft zu erleben und die Sehnsucht zu entdecken. 

Seit dem sind 16 Jahre vergangen. Ich habe viele Jugendliche erlebt, die voller Begeisterung zurückkommen und merken, dass sie nicht wirklich ankommen. Als ob sie ihre Koffer vergessen hätten. Sie sehnen sich nach den bisherigen Erfahrungen und wollen wieder zurück in die Mission, Bibelschulen oder ähnlichem. Sie haben dort einen Rahmen erlebt, der den Alltag komplett durchdrungen hat. Sie wurden durch geistliche Väter und Mütter und der Gemeinschaft geformt, hatten Zeit und wurden ermutigt, sich wichtigen Fragen zu stellen und ehrlich mit sich selbst zu werden. Die Herzen waren auf besondere Weise offen für Gottes Reden. Das ist ein Schatz, den ich auch erleben durfte. Doch für jeden gilt die Frage: bleibt Gott dort? Ist Gott nur in dem, was ich mal erlebt habe oder auch jetzt und hier am Wirken. Es ist verlockend, Gott in der Vergangenheit zu sehen und sein Handeln in der Gegenwart zu übersehen. Denn wenn man mitten drin steckt, ist manches nicht so klar. 

Doch Gott ist da – er ist nicht woanders oder bei jemand anderem. Wir erleben ihn in unserer Gemeinde. 

Ist es nicht auch unsere Aufgabe, Menschen auszurüsten und ihnen zu helfen in der Beziehung zu Jesus zu reifen? Raum für Sehnsucht und Hunger zu geben? 

Einen Rahmen dafür zu schaffen, Gott in seinem ganzen Alltag zu erleben und mit ihm die nächsten Schritte zu gehen?

Alle Fragen, die ich anfangs gestellt habe, sind nicht nur in einer Lebensphase oder einer Glaubens- und Lebensschulung wichtig, sie haben auch in der Gemeinde ihren Raum. Das, was wir schon erleben in unserer Gemeinde, darf noch mehr wachsen. Darüber hinaus wollen wir die Möglichkeit geben, Jüngerschaft in der Gemeinde und bei JMEM in Hurlach zu erleben. Aus einer kleinen Idee, ein Jüngerschafts-Haus in Augsburg-Hochzoll zu gründen, wurde ein großes Schloss. 

Wir wollen mit Jugendlichen auf eine intensive 9 monatige Reise gehen. Sie dürfen leidenschaftlich Gott, der Gemeinde und der Gesellschaft dienen. In dieser Zeit können sie sich durch begleitende Inputs, Outreaches, Auslandseinsätze und Praktika ausprobieren, um in die Tiefe zu wachsen und beflügelt zu werden. 

 

 

 

 

 

 

 

Oliver Schäfer, Kinder- und Jugendreferent in St. Matthäus, und seine Frau Deborah sind die Initiatoren für die geplante Glaubens- und Lebensschulung ALL IN

 

 

 

Albrecht Fietz

Datum

15. März 2023

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