Emotionales Gesundsein in der Gemeinde

Wer kennt das nicht? Zu viel zu tun und zu wenig Zeit dafür. So viele gute Dinge werden organisiert und durchgeführt. Viele Menschen sind begeistert dabei und doch bleibt man selbst innerlich leer.

Der Fokus liegt auf dem „Außen“ – das „Innen“ wird vernachlässigt.

Gerade in einer christlichen Gemeinde mit viel Engagement und Menschen, die sich gerne in Gottes Reich, andere Leute oder wertvolle Projekte investieren, besteht die Gefahr, sich selbst zu verlieren. Nach außen hin scheint alles in bester Ordnung zu sein, aber wenn man ehrlich ist, fragt man sich: „Muss ich wirklich unglücklich sein und ständig unter Druck stehen, damit es anderen gut geht und sie den Glauben erleben können?“

Und dann gibt es da vielleicht noch die Gefühle von Neid und Eifersucht, die die Gefühlslage weiter in Schieflage bringen. Auf einmal ist man neidisch auf diejenigen, die sich scheinbar weniger einbringen und ein „schöneres“ Leben haben. Ganz schnell verfällt man in die Mentalität des älteren Sohnes im Gleichnis vom „verlorenen Sohn“ in Lk 15, der sich nur noch als Sklave im Haus Gottes versteht, der doch so viel für IHN leistet, aber selber leer ausgeht. „Nie hast du für mich auch nur einen Ziegenbock geschlachtet, dass ich mit meinen Freunden feiern konnte.“

Um als Christen emotional gesund zu leben, ist es grundlegend, dass wir verstehen: Wir sind nicht nur Arbeiter in Gottes Weinberg. Wir sind geliebte Kinder. Entscheidend ist nicht, was wir tun, entscheidend ist, wer wir sind. Mit dieser Erkenntnis kommt die Erlaubnis, auch schwierige Emotionen wie Zorn und Trauer zuzulassen, ohne den Boden unter den Füßen zu verlieren. Mit dieser Erkenntnis kommt auch die Freiheit, nein zu sagen und eigene Grenzen zu akzeptieren. Mit dieser Erkenntnis kommt die Einsicht: Alles, was ich tue, soll von dieser Liebe motiviert werden, die durch den Heiligen Geist in uns lebt. Es ist die Liebe zu Gott, die Liebe zu uns selbst und die Liebe zu anderen. Schwindet diese Liebe oder wird sie durch Sorge, Angst oder Schuldgefühle niedergedrückt, ist es vielleicht Zeit, ehrlich zu werden und geschwisterliche Hilfe zu suchen – oder einfach mal was Gutes für die eigene Seele zu tun.

Es tut uns und unserer Gemeinde gut, wenn wir auf uns achten. Wenn wir aufeinander achten. Wenn wir uns mehr um Gott und weniger um uns selbst drehen könnten. Ihn wichtiger nehmen als unsere eigenen ehrgeizigen Ziele. „Ihn mehr arbeiten lassen und selbst weniger arbeiten.“ Jesus wirklich Mittelpunkt des eigenen Lebens sein lassen. Das bedeutet letztlich Glauben. Und ein gesunder Glaube trägt erheblich zu unserer emotionalen Gesundheit bei.

Pfarrer Thomas Bachmann

Albrecht Fietz

Datum

13. November 2024

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