Eine provokante Frage, die wir uns in dieser Ausgabe stellen: „Wo ist mein Glaube geblieben?“ In Anbetracht der Kürze unseres Daseins, der Zerbrechlichkeit unseres Lebens, der Unsicherheit in unserer Welt und des Leidens im Kleinen und im Großen, sollten wir uns vor allem mit dem Wichtigsten befassen: mit Gott und Jesus Christus. Und damit, wie es um unseren Glauben bestellt ist. Denn wenn es stimmt, was wir jedes Weihnachtsfest besingen „Welt ging verloren, Christ ist geboren“, dann gibt es nichts Dringlicheres für uns, als der Frage nachzugehen, wie wir selbst der Verlorenheit entkommen und daran mitwirken können, dass noch viele Menschen das Geschenk des Lebens mit Gott finden.
Lassen Sie sich herausfordern und ermutigen von den verschiedenen Sichtweisen auf unseren Glauben in den Artikeln zum Thema!
In diesem Einblick erhalten Sie alle Informationen zu geplanten Veranstaltungen unserer Gemeinde.
Auch zum Ende des Jahres 2021 weisen wir gerne wieder auf die Aktion „Brot für die Welt“ hin, die unter dem Motto „Eine Welt. Ein Klima. Eine Zukunft.“ steht. Alle nötigen Informationen zum Spenden finden Sie ebenfalls in der aktuellen Ausgabe.
Viel Freude beim Lesen.
Ihr Thomas Bachmann
Folgend der erste Beitrag zum Thema „Wo ist mein Glaube geblieben?“:
Asche auf dem Feuer
Der Apostel Paulus schrieb einmal an die Gemeinde in Galatien: Ihr liefet so gut, wer hat euch aufgehalten, der Wahrheit weiter zu folgen? (Kap.5,7) Was war da passiert? Sie hatten doch einen guten Anfang gemacht, sich Jesus Christus anvertraut und fröhlich im Glauben gelebt. Da hatte ein helles Feuer gebrannt in ihnen, aber jetzt schien es so, dass dieses Feuer am Ausgehen war und durch eine bloße, nach außen getragene Gewohnheit der Frömmigkeit ersetzt worden war.
Ein wenig Glut ist noch da, aber überdeckt von Asche.
Feuer brannte in ihnen, als sie begriffen hatten, dass sie „in Christus“ ganz und gar erlöst sind und dass „Christus in uns“ bedeutet, dass ihr Leben mehr und mehr verwandelt wird in das Bild, das Gott von ihnen hat. Aber jetzt ist das Feuer fast erloschen, die Be-Geist-erung ist kaum mehr zu spüren.
Kommt uns das bekannt vor?
Wo ist denn der Glaube geblieben, der mich einmal in Gang gesetzt hatte, Jesus nachzufolgen? Wo sind die erleuchteten Augen des Herzens, die lebendige Hoffnung auf Herrlichkeit geblieben, wo erfahre ich die überschwänglich große Kraft Gottes in meinem Leben? (Eph.1,17)
Woraus besteht denn solche Asche, die das Feuer des Geistes erstickt?
Es sind Enttäuschung, Ungehorsam und Trägheit. Da ist zuerst die Enttäuschung über Gott. Da sind die vielen Gebete, die nicht erhört wurden, obwohl diese Wünsche doch mehr als berechtigt waren. Als eine junge Frau, Mutter von zwei kleinen Kindern, trotz vieler Gebete vieler Menschen an Krebs starb, sagte ihr Mann erbittert: „Wenn Gott ein Mensch wäre, würde ich ihn jetzt vor Gericht bringen wegen unterlassener Hilfeleistung!“ Nicht jeder drückt seine Enttäuschung über Gott so drastisch aus, aber manche Christen empfinden genauso. Manchen Menschen mutet Gott schwierige Wegstrecken zu und sie empfinden sich nicht als gut behütet, sie sind enttäuscht von Gott. Andere hatten große Hoffnung in ein Unternehmen gesetzt, das gründlich schief gegangen ist und sie sind enttäuscht von Gott. Auch enttäuschter Eifer für die Sache Gottes bringt Asche auf das Feuer.
„Wir hatten geglaubt, dass dieser Jesus der Messias Israels ist und jetzt ist er tot“, sagen die zwei Jünger Jesu nach der Kreuzigung, als sie ganz enttäuscht zurück in ihren Heimatort Emmaus gehen
Das zweite ist die Enttäuschung über mich selbst. Immer wieder die gleichen Sünden!
Ich will es doch besser machen! Der alte Mensch des Unglaubens ist doch in der Taufe ersäuft worden! „Aber das Biest kann schwimmen,“ wusste schon Martin Luther. Das Volk Israel war aus der Sklaverei in Ägypten befreit worden, aber sie hatten die Erinnerung an die Fleischtöpfe Ägyptens in ihren Herzen mitgenommen. Auch in unserem Herzen ist die Sehnsucht nach ungutem Verhalten noch da und schlägt immer wieder durch.
Asche ist der verbrannte Gutmensch, die Enttäuschung über mich selbst.
Und dann ist da noch die Enttäuschung über die anderen, die so gar nicht sind, wie ich es mir wünsche. Die mir wehtun, die mich kränken, die so gar nicht sind, wie es richtig wäre in meinen Augen und die ich eben auch gar nicht ändern kann. Asche ist der verbrannte Idealismus, dass ich denke, ich könnte die Verhältnisse ändern.
Noch mehr Asche entsteht durch unseren Ungehorsam, durch unseren unersättlichen Hunger nach Autonomie, nach Selbstbestimmung. Das war die Ursünde im Paradies und ist unser ganz großes Problem bis heute. Jesus fordert uns heraus, dass wir in der Nachfolge unser Kreuz auf uns nehmen sollen. Am Kreuz stirbt man, zu sonst ist es nichts nütze. Die Autonomie, der EIGENSINN, muss sterben, nicht etwa mein Charakter oder meine Kraft. Gott bricht nicht unseren Willen, – dann wären wir ja seelische Krüppel – sondern er bittet uns um das Einverständnis, SEINEN Willen zu tun. Dieser Kampf, sich Gottes Willen vertrauensvoll zu beugen, bleibt uns ein Leben lang. Aber er wird leichter durch Gewöhnung und durch die Erfahrung, dass man richtig gut beraten ist damit, sich Gott anzuvertrauen.
Noch ein letzter Gedanke zur Asche:
Sie entsteht auch durch Trägheit.
Eigentlich wissen wir, was zu tun oder zu lassen ist, aber wir schieben die Entscheidung zum Gehorsam immer noch ein bisschen weiter auf. Morgen ist auch noch ein Tag, das Richtige oder das Gute zu tun. Aber wissen wir genau, dass es noch ein Morgen gibt? Nein, lasst uns heute Asche wegräumen und den Geist Gottes darum bitten, dass er als kräftiger Wind über unser kleines bisschen Glut weht und das Feuer wieder zum Brennen bringt.
Wie kann man denn Asche wegräumen?
Enttäuschungen haben immer mit Täuschung zu tun. Ich habe mich getäuscht über den Willen Gottes in meinem Leben oder im Leben anderer. Vielleicht habe ich meine Wünsche in bester Absicht für den Willen Gottes gehalten und Gott hatte andere Absichten mit meinem Leben, als ich es mir denken konnte. Enttäuschung tut weh, ist aber heilsam, um sich und Gott besser kennen zu lernen. Also aus dem Herzen keine Mördergrube machen, voller Bitterkeit oder Resignation, sondern ins Licht Gottes kommen. Die Enttäuschung benennen und sie Gott anvertrauen. Das Licht Gottes heilt und stärkt den Glauben. Ungehorsam muss beim Namen genannt werden und solche Sätze fangen immer mit dem Bekenntnis an: ICH habe gesündigt. Nicht die Umstände waren gegen mich, oder die Menschen haben mich verführt, verletzt, zum Bösen getrieben, sondern ICH war es.
Komm in die herrliche Freiheit der Kinder Gottes, entlastet durch die Vergebung Gottes, die uns zugesprochen wird nach dem Bekenntnis. Da dürfen wir einander helfen, diesen Zuspruch auch zu hören, wenn wir einander unsere Sünden bekennen. Natürlich nicht irgendwem, sondern einem reifen Mitchristen, der verlässlich schweigen kann.
Und dann immer wieder kleine Schritte des Gehorsams gehen.
Jesus sagt sehr deutlich: ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch sage. (Joh.15,14) Was Jesus sagt, ist in der Bibel zu lesen. Der heilige Geist erklärt uns die Bibel, aber lesen müssen wir sie schon selbst. Dabei lernen wir auch, auf die leise Stimme des Heiligen Geistes in unserem Herzen zu hören, die Impulse wahrzunehmen, die er uns gibt. Das ist Übungssache, aber es gelingt mit der Zeit immer besser, und Übung macht den Meister.
Bei all dem, was wir tun können, bleiben wir doch immer in der Haltung des Bittens und des Empfangens, dass Gott das Feuer in uns wieder hell brennen lässt. Das kann auch mit den Zeilen eines älteren Liedes geschehen: Zünde an dein Feuer, Herr im Herzen mir! Hell soll es brennen, lieber Heiland dir. Was ich bin und habe, soll dein Eigen sein. In deine Hände schließe fest mich ein.
Irene Müller