Wer wünscht sich nicht einen Menschen, der einem im Leben in schwierigen Situationen, bei wichtigen Entscheidungen oder einfach nur im Alltag mit den richtigen Gedanken und Ratschlägen oder auch Fragen zur Seite steht? In der freien Wirtschaft ist das sogenannte Mentoring ein inzwischen verbreitetes Führungs- und Wachstumskonzept. Vorbilder finden sich bereits im Alten Testament mit Jitro, dem Schwiegervater Moses (2. Mose 18). Im Neuen Testament haben z. B. Paulus und Timotheus eine besondere Beziehung, die sich wiederum an Jesus und seiner besonderen Art, Menschen zu seinen Jüngern zu machen, orientiert. Jesus ging es nicht darum, wer die Jünger waren, sondern wer sie durch die Gemeinschaft mit ihm werden konnten. Er hat den Jüngern den Rahmen der Prägung und Nachahmung gegeben, indem er MIT ihnen gelebt hat. Mentoring ist eine Möglichkeit, einen Schutz- und Entwicklungsraum für geistliches Wachstum herzustellen, auch in christlichen Gemeinden.
Grundvoraussetzung für Mentoring ist, dass ich mich darauf einlassen möchte. Geistliches Mentoring basiert auf einer persönlichen Beziehung, in der eine Person eine andere dadurch bereichert, dass sie ihr hilft, göttliche Kraftquellen zu nutzen. Dabei geht es nicht darum, Gott um seinen Segen für unsere Pläne zu bitten. Stattdessen sollten wir SEINE Pläne kennenlernen und uns dann sein Ziel vollständig zu eigen machen. Mentoring hilft dabei und ist in seiner Form nicht beschränkt auf eine Zweierschaft, die einem Mentee v. a. in jungen Jahren zu geistlichem Wachstum hilft. Auch im fortgeschrittenen Alter geben diese Beziehungen geistliche Orientierung, bieten Reflexion oder gar Potential zu Korrekturen.
Je nach Lebenssituation und Alter gestalten sich Mentoring-Beziehungen auf unterschiedliche Arten und mit variierenden Zielen. Immer aber basieren sie auf einer freiwilligen Eins-zu-Eins-Beziehung, die sich entwickeln und stetig wachsen darf. Beiderseitige Bereitschaft – geistliches Wachstum zu fördern bzw. sich fördern zu lassen – ist unerlässlich für eine gelingende, fruchtbare Beziehung. Regelmäßige Treffen (z. B. alle ein bis drei Monate) finden nach gemeinsam festgelegten Regeln statt, bei denen persönliche Ziele immer wieder neu gesetzt und überprüft werden sollten. Ein Mentor ist dabei aber nicht für seinen Mentee und dessen geistliches Leben verantwortlich, sondern ist ihm ein Begleiter.
Ich, Manuel (56 Jahre), werde seit vielen Jahren durch einen Mentor begleitet. Dabei konnte ich immer wieder erfahren, wie wunderbar es ist, in schwierigen Situationen im gemeinsamen Gebet und persönlichen Austausch von der Reife und Erfahrung eines geistlichen Begleiters zu profitieren, Antworten in Gottes Wort zu finden und letztlich darin zu wachsen.
Die passende geistliche Begleitung zu finden ist vor allem bei der ersten Mentorenbeziehung nicht immer ganz einfach und wird durch Gebet begleitet. Aber ist einmal mein grundsätzliches Ja dazu erfolgt, ist der wichtigste Schritt bereits geschehen. In unserer Gemeinde gibt es viele Menschen, die erfahren in geistlicher Begleitung und gerne bei der Suche nach dem geeigneten Mentor behilflich sind. „Dadurch werden wir im Glauben immer mehr eins werden und miteinander den Sohn Gottes immer besser kennen lernen. Wir sollen zu mündigen Christen heranreifen, zu einer Gemeinde, die ihn in seiner ganzen Fülle widerspiegelt.“ (Eph 4,13; HfA).
Manuel & Karin Weindl